Stationäre und
ambulante Massnahmen
Die modular aufgebaute Therapie ermöglicht eine Behandlung entsprechend den Bedürfnissen und Voraussetzungen der Klient:innen. Schwerpunkte sind neben der störungsspezifischen Behandlung die Auseinandersetzung mit dem Delikt, die Bearbeitung und Senkung der rückfallbedingenden Risikofaktoren, der Aufbau und die Festigung von deliktpräventiven Schutzfaktoren und funktionaler Bewältigungsstrategien sowie die soziale und berufliche Integration. Dank des vielfältigen Angebots unserer wirtschaftsnahen Arbeitsbetriebe sind die Erprobung gelingender sozialer Interaktionen und die Vorbereitung auf die Arbeitswelt im geschützten und realitätsnahen Rahmen möglich.
Das Vorgehen ist eingebettet in den übergeordneten Vollzugsprozess ROS (Risikoorientierter Sanktionenvollzug).


Vollzugsarten
Im Rahmen der Durchführung von stationären Massnahmen nach Art. 59 und 60 StGB werden folgende Vollzugsstufen angeboten:
- Offener Vollzug mit interner Beschäftigung/Arbeit
- Offener Vollzug mit externer Beschäftigung/Arbeit
- Wohn- und Arbeitsexternat
Im Weiteren werden ambulante Massnahmen nach Art. 63 StGB und Weisungen nach Art. 44 Abs. 2 StGB vollzogen sowie Jugendliche mit stationärer Unterbringung nach Art. 15 Abs. 1 JStG und ambulanter Behandlung nach Art. 14 JStG geführt.
Zielgruppe
Frauen und Männer mit einer gerichtlich angeordneten stationären Massnahme oder die zu einer ambulanten Massnahme verurteilt worden sind.
Frauen und Männer mit Bewilligung zum vorzeitigen Straf-/Massnahmenvollzug.
Jugendliche mit stationärer Unterbringung nach Art. 15 Abs. 1 JStG und ambulanter Behandlung nach Art. 14 JStG.
Voraussetzungen und Aufnahmeverfahren
Die Aufnahme erfolgt direkt aus dem Strafvollzug oder aus einer vorgelagerten abgeschlossenen Entzugsbehandlung.
Voraussetzungen
Voraussetzung stellt die Bereitschaft des Klienten, der Klientin dar, sich auf die therapeutische Arbeit und das abstinenzgestützte Vollzugssetting einzulassen.
Aufnahmeverfahren
Nach telefonischer oder schriftlicher Kontaktaufnahme werden an einem Gesprächs- und Kennenlerntermin im Freihof Küsnacht oder im Gefängnis die Therapiemotivation und ‑ziele geklärt und das weitere Vorgehen mit der einweisenden Stelle wird festgelegt.
Quereintritt und weiterführende Behandlung
Quereinstiege aus anderen Vollzugseinrichtungen oder weiterführende Behandlungen im offenen Vollzugssetting des Freihofs Küsnacht sind möglich und führen immer über einen stationären Aufenthalt. Es sind keine direkten Quereintritte ins Aussenwohnen des Freihofs Küsnacht möglich.
Ärztlich verordnete Substitution
Im abstinenzgestützten Rahmen des Freihofs Küsnacht sind Aufnahmen mit ärztlich verordneten Substitutionen, Benzodiazepinen und medikamentöser ADHS-Behandlung möglich.
Finanzierung
Es bedarf einer Kostengutsprache und eines Vollzugsauftrags durch eine einweisende Stelle.
Therapie
Die abstinenzgestützte Behandlung umfasst neben der suchtspezifischen Ausrichtung auch Angebote zur Behandlung von psychischen Störungen und verschiedene Kompetenztrainings im Einzel- und/oder Gruppentherapiesetting.
Therapie und Betreuung sind individuell auf die Klient:innen zugeschnitten. Durch den interdisziplinären Ansatz ist eine stringente, abgestimmte und umfassende Bearbeitung der Therapie- und Veränderungsziele möglich.
Für eine durchgehende Behandlungsplanung und ‑gestaltung sowie ein optimales Fallmanagement werden die Klient:innen über den gesamten Aufenthalt und in einer ambulanten Nachbetreuung durch die gleiche fallführende Therapeutin bzw. fallführenden Therapeuten und das Fallteam betreut.
Das modulare Behandlungsangebot umfasst:
- Psychotherapeutische Einstiegsgruppe
- Trainingsprogramm zur Rückfallprophylaxe
- Training sozialer und emotionaler Kompetenzen
- Stressbewältigungsgruppe
- DBT-Skillstraining
- Psychoedukative Gruppen
- Störungsspezifische Gruppen
- Achtsamkeitsförderung
- Deliktorientierte Arbeit
- Lernprogramme (TisKo – Training in sozialen Kompetenzen und PoG – Partnerschaft ohne Gewalt)
- Kunsttherapie
- Themenspezifische Therapietage
Deliktorientierte Arbeit
Ziel der deliktorientierten Arbeit ist die deliktfokussierende und deliktpräventive Auseinandersetzung für die Vermeidung der Rückfallwahrscheinlichkeit, eine möglichst effiziente Deliktprävention und damit ein gelingender Opferschutz.
Verantwortungsübernahme für das eigene Verhalten und Opferempathie stehen ebenso im Fokus wie die Auseinandersetzung mit delinquenzfördernden Gedankenmustern, Fantasien und Verhaltensweisen. Die Klient:innen lernen das persönliche Rückfallrisiko besser einzuschätzen und Risikosituationen zu erkennen. Es werden neue Verhaltensweisen für einen situationsadäquaten Umgang mit Herausforderungen erarbeitet, deliktpräventive Strategien erlernt und im Alltag erprobt.
Die deliktorientierte Arbeit findet im Einzelsetting statt. Ergänzend dazu werden themenfokussierte Gruppensettings und Lernprogramme angeboten.
Es finden regelmässige Fallsupervisionen durch den Psychiatrisch-Psychologischen Dienst der Justiz und Wiedereingliederung des Kantons Zürich statt.
Lernprogramme
Lernprogramme der Zürcher Bewährungs- und Vollzugsdienste (BVD) sind nach verhaltenstherapeutischen Grundsätzen entwickelte, alltagsnahe und thematisch fokussierte Trainings. Durch Wissensvermittlung, Diskussionen, Selbstreflexion sowie praktische Übungen lernen die Klient:innen das eigene Verhalten besser zu verstehen. Dazu trainieren sie Kompetenzen wie beispielsweise Selbstkontrolle, Ärger- und Stressbewältigung.
Ziel der Lernprogramme ist eine Reduktion der Rückfälligkeit, indem die Klient:innen ihr Verhalten verstehen und Methoden entwickeln, um ein straffreies Leben führen zu können.
Der Freihof Küsnacht bietet in interner Durchführung die beiden nachstehnden Zürcher BVD Lernprogramme an.
Lernprogramm «TisKo» – Training in sozialen Kompetenzen
Das Lernprogramm fokussiert primär auf die Alltagsbewältigung, indem soziale Fertigkeiten erlernt und trainiert werden. Im Gruppen- oder Einzelsetting werden die Hintergründe für das Verstehen des eigenen Handelns erarbeitet, der persönliche Umgang mit Herausforderungen kritisch überprüft und Methoden und Strategien vermittelt, um auf Herausforderungen situationsgerecht reagieren zu können. In Rollenspielen werden die erarbeiteten Strategien erprobt und durch Alltagsbeobachtungen im Praxistransfer trainiert.
Lernprogramm «PoG» – Partnerschaft ohne Gewalt
Das Lernprogramm richtet sich an Klient:innen, die innerhalb einer bestehenden oder aufgelösten Partnerschaft verbale oder physische Gewalt ausgeübt oder angedroht haben. Ziel ist, das Rückfallrisiko für ein Delikt im häuslichen Bereich zu reduzieren.
In Gruppen- und Einzelsitzungen lernen die Klient:innen die Hintergründe ihres Verhaltens in problematischen Beziehungssituationen zu analysieren und dahinterstehende Motive zu verstehen, ihr persönliches Rückfallrisiko besser einzuschätzen, durch selbstkritische Überprüfung ihrer partnerschaftlichen Einstellungen die Beziehungsqualität zu verbessern und sie erarbeiten Strategien, um zukünftig nicht mehr rückfällig zu werden.
Wohnförderung
Das gemeinsame Zusammenleben auf der Gruppe, das Bewältigen des Alltags, die Übernahme von Verantwortung im Haushalt und die Freizeitgestaltung stellen neben den psychotherapeutischen und arbeitsagogischen Angeboten Lern- und Übungsfeld sowie Handlungsrahmen für neues Verhalten dar. In dieser Lebensgemeinschaft auf Zeit mit Menschen mit vergleichbaren Problemen wird gegenseitige Unterstützung im Therapieprozess durch die Fachpersonen angeregt und begleitet.
Die individuellen Wohnfähigkeiten werden auf- und ausgebaut, wobei der Fokus in der Förderung der Eigenständigkeit und Eigenverantwortung in der Alltagsbewältigung und der Selbstfürsorge liegt.
Dem stationären sozialtherapeutischen Aufenthalt schliesst die teilstationäre Integrationsphase im Aussenwohnhaus des Freihofs Küsnacht an, um den beruflichen Wiedereinstieg in einer ersten Phase zu begleiten und die Grundlagen für die soziale Integration vorzubereiten.
Arbeitsintegration
Eine geregelte Tagesstruktur, die den Fähigkeiten und Möglichkeiten der Klient:innen Rechnung trägt, gehört neben den psychotherapeutischen und sozialtherapeutischen Angeboten zu unserem Behandlungssetting. Ziel ist die Förderung individueller Stärken, das Üben sozialer Kontakte im realitätsnahen Umfeld und das Erarbeiten neuer Perspektiven und realistischer beruflicher Integrationslösungen.
Von Aktivierungsplätzen bis zu wirtschaftsnahen Arbeitsplätzen
Klient:innen mit stark eingeschränkter Belastbarkeit stehen Aktivierungsplätze offen, wo der Fokus auf der Stabilisierung und dem Aufbau einer geregelten Tagesstruktur liegt, mit dem Ziel einer Verbesserung der Lebensqualität, einer sozialen Einbindung und dem Kompetenzaufbau zur selbstständigen Alltagsgestaltung.
Für Klient:innen mit eingeschränkter Arbeitsmarktfähigkeit bieten wir an angepassten Arbeitsplätzen Beschäftigung, Struktur, Routine und sinnstiftende Arbeit. Im Fokus stehen das Arbeitstraining und die Stärkung der Ressourcen mittels praktischer Arbeiten im geschützten Setting.
Klient:innen mit grundsätzlicher Arbeitsfähigkeit und/oder erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt arbeiten an wirtschaftlichen Arbeitsplätzen mit arbeitsagogischer Anleitung und Begleitung. Im Fokus stehen die Stabilisierung der persönlichen Situation, die Wiederangewöhnung an den Arbeitsalltag, das Steigern der Belastbarkeit und die Erarbeitung beruflicher Perspektiven.
Arbeitsfelder
Der Freihof Küsnacht bietet Tätigkeitsfelder in den folgenden Bereichen an: Garten- und Umgebungsarbeiten, Umzüge, Räumungen und Entsorgungen, Schreinerei, Spritzwerk, Kreativ- und Werkatelier, Verkaufsladen, Küche und Hauswirtschaft.
Zum Angebot der Arbeitsintegration gehören zudem
- Bewerbungscoaching
- Bewerbungsunterstützung
- Interessens- und Eignungsabklärungen in enger Zusammenarbeit mit dem biz Meilen
- Externe Arbeitserprobungen
- Unterstützung und Begleitung im Prozess der Berufsintegration (Supported Employment)
- Begleitung in der ersten Phase des Berufseinstiegs
- Ansprechperson für Lehrbetriebe und Arbeitgeber
Interner Sozialdienst
Unser interner Sozialdienst unterstützt die Klient:innen in finanziellen und administrativen Belangen. Übergeordnetes Ziel ist, dass die Klient:innen lernen, die Verpflichtungen des Alltags wieder wahrzunehmen.
Weiter erfolgen Unterstützung in Gesuchstellungen, beim Ausfüllen von Steuererklärungen, in der Regelung allfällig bestehender Betreibungen und bei Bedarf eine vorübergehende Finanzverwaltung.
Medizinische und psychiatrische Grundversorgung
Die medizinische und psychiatrische Grundversorgung erfolgt durch unseren Heimarzt, Dr. med. Balthasar Leuzinger, und durch unseren Konsiliarpsychiater, Dr. med. Jens Wagner, bei uns vor Ort. Für die neuropsychologische Diagnostik besteht eine enge Zusammenarbeit mit Dr. phil. Marion Funk.
Im Weiteren arbeiten wir mit einer Zahnarztpraxis und einer Physiotherapie in Küsnacht zusammen, um allfällige Behandlungen möglichst optimal begleiten und unterstützen zu können.
Bei dringendem Bedarf oder für spezialisierte Behandlungen vereinbaren wir Untersuchungs- und Behandlungstermine bei Spezialärzt:innen.
Freizeitgestaltung
Eine prosoziale und aktive Freizeitgestaltung ist ein wichtiger Pfeiler für eine erfolgreiche Reintegration. Verschiedene Freizeitaktivitäten wie beispielsweise Klettern, gemeinsame Ausflüge, Kinobesuche oder Velotouren und regelmässiger Sport werden deshalb sozialpädagogisch begleitet angeboten. Die Klient:innen erhalten aber auch Unterstützung im Klären ihrer Interessen und im individuellen Umgang mit ihrer freien Zeit. Begleitete Erprobungen können Teil dieses Prozesses sein.
Zum abwechslungsreichen Freizeitangebot gehören:
- Wöchentliche Sportstunde
- Wintersport- und Sommerlager
- Erlebnispädagogische Projekte
- Tischtennis
- Volleyball
- Tischfussball
- Dart
- Billard
- Sauna
- Fitnessraum
- Fahrräder
- Wintersportausrüstung
- Musikraum
- Spiele
- kleine Bibliothek
Der nahe gelegene Zürichsee und das Küsnachter Tobel laden zum Schwimmen, Spazieren, Joggen oder einfach zum Ruhe finden ein.
Nachstationäre Behandlung
Im Rahmen der ambulanten Nachbehandlung werden Therapie- und Inklusionsprozesse nach abgeschlossener Therapie resp. nach der Integrationsphase im Aussenwohnhaus bedarfsgerecht weitergeführt und begleitet sowie der Erhalt der Erwerbsfähigkeit flankiert.
Ziel ist die Absicherung des Therapieerfolgs, die Unterstützung im Umsetzen des Erlernten im Alltag, die kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Umgang mit Herausforderungen des selbstbestimmten Lebens, aber auch die angemessene Bewältigung von Krisen und die Vermeidung von Rückfällen.
Dank der bestehenden Beziehung zur fallführenden Therapeut:in und dem Behandlungsteam kann eine kontinuierliche Behandlung über den stationären Aufenthalt hinaus erfolgen.
Auf Wunsch werden regelmässige Abstinenzkontrollen fortgesetzt.